In Deutschlands Großstädten herrscht ein selbstgemachter Wohnraummangel. Dadurch klettern Immobilien- und Mietpreise immer weiter in die Höhe.
In Deutschland fehlen über eine Million Wohnungen [1]. Davon sind aber nicht nur die Groß- und Universitätsstädte betroffen, sondern zunehmend auch ländliche Gebiete. Rund in einem Drittel aller Landkreise ist die Nachfrage an Wohnraum höher, als das Angebot. Eine Ursache dafür ist, dass dem Bevölkerungswachstum entsprechend nicht ausreichend neue Wohnungen gebaut worden sind.
Stadt | Bevölkerungs- zunahme |
Neue Wohnungen |
---|---|---|
Leipzig | 61045 | 4261 |
Berlin | 248828 | 35087 |
Duisburg | 12375 | 2179 |
Hannover | 23379 | 4422 |
Stuttgart | 37017 | 8082 |
Frankfurt | 59881 | 16016 |
Obwohl der Wohnungsmarkt in vielen großen deutschen Städten schon seit Jahren sehr angespannt ist, wurde dem Thema seitens der Bundesregierung keine große Priorität eingeräumt.
Infolge der großen Nachfrage und des geringen Angebotes sind Massenbesichtigungen von Wohnungen keine Seltenheit. Oft müssen Mieter auch viele private Informationen in sogenannten Selbstauskünften, Gehaltsnachweise, Vormieter- und Schufabescheinigungen offenlegen, um überhaupt in die nähere Auswahl zu kommen.
Es gibt aber auch weiterhin Städte, in denen die Wohnungsmarktlage ausgeglichen ist, oder gar ein Wohnungsüberhang besteht.
Folge des Wohnraummangels: die Mieten steigen in deutschen Ballungsräumen rasant. Da die Gehälter von dieser Entwicklung entkoppelt sind, muss immer mehr Geld des verfügbaren Einkommens für die Miete ausgegeben werden, welches für die Altersvorsorge oder für Konsumausgaben fehlt. Besonders Haushalte mit niedrigem Einkommen werden dabei überdurchschnittlich stark zur Kasse gebeten - bei über einer Million Haushalte liegt das Einkommen nach Abzug der Miete unter dem Regelsatz von Hartz IV.
Nach Zahlen des Bundesinnenministeriums steigen die Preise für Neuvermietungen mehr als doppelt so schnell wie das allgemeine Preisniveau. Während es hinsichtlich der Mieten für Bestandsmieter klare gesetzliche Richtlinien gibt, die regeln, innerhalb welchem Zeitraum die Miete um wieviel erhöht werden darf, sind die Mieter bei Neuvermietungen nicht in demselben Ausmaß geschützt. Die Vermieter haben hier wesentlich mehr Spielraum bei der Mietpreisgestaltung.
Großstädte haben nicht nur überdurchschnittliche Immobilienpreise, sondern auch Haushaltseinkommen. Die Mietbelastungsgrenze ist aber trotzdem höher als in anderen Gebieten, beispielsweise wurde 2017 in München im Schnitt 38% des Gehalts für Miete ausgegeben. Die Preise für Wohneigentum steigen mit den Mieten schneller als die durchschnittlichen Gehälter, was dazu führt, dass Eigentum immer weniger erschwinglich wird.
Der Mangel an bezahlbarem Wohnraum wirkt sich nicht nur negativ auf die Attraktivität der Städte hinsichtlich des Wohnstandorts aus. Durch steigende Unterkunftskosten für Transferleistungsempfänger macht sich die Wohnkrise auch in städtischen Haushalten bemerkbar. Dazu führt die Mietpreisentwicklung zu Verdrängungseffekten und damit zu einer räumlichen Verdichtung von einkommensschwachen Haushalten in bestimmten Wohnlagen.
Zu hohe Mieterhöhungen sind aufgrund von gesetzlichen Vorgaben nicht erlaubt. Trotzdem wollen viele Vermieter von der Wohnungsnot profitieren, und müssen zu anderen, rechtlich zugelassenen Maßnahmen greifen, um eine Mieterhöhung durchzusetzen. So können bei Renovierungen bis zu elf Prozent der Kosten auf die Mieter übertragen werden, und das dauerhaft. Dies führt dazu, dass immer mehr Eigentümer ihre Wohnungen modernisieren lassen, was zunächst für die Mieter mit viel Lärm, Schmutz, oder Gerüsten vor der Hausfassade verbunden ist, und letztendlich in einer Mietsteigerung resultiert, die mit den hohen Kosten für die Sanierung gerechtfertigt wird.
Trotz der Mieterhöhungen in den letzten Jahren ist Deutschland aber immer noch nicht teuer im Vergleich zu anderen großen europäischen Städten, wie Zürich, London oder Dublin.
Höhere Mietpreissteigerungen können durch Neuverträge erzielt werden, das heißt, dass ein Mieter auszieht, und mit einem neuen Mieter ein neuer Vertrag abgeschlossen wird. Oft wollen Besitzer auch ihre Immobilie verkaufen, wofür sie je nach Vertrag leer stehen muss. In beiden Fällen werden die Altmieter mit oftmals sehr fragwürdigen Mitteln wie Auflösungsverträge, fristlose Kündigungen oder dreisteren Methoden zum Auszug bewegt.
54 Prozent der Menschen in Deutschland wohnen 2017 zur Miete – mehr als in allen anderen Ländern Europas. Beim Zweitplatzierten Dänemark beträgt diese Zahl gerade mal 34 Prozent. Dies hat zum Teil historische Gründe, da nach dem Krieg viele Wohnblocks, Plattenbauten und große Mehrfamilienhäuser benötigt wurden, um den Wiederaufbau der zerstörten Städte zu bewältigen. Das Bauen von Einfamilienhäusern in großer Zahl kam nicht in Frage.
Die im Juni 2015 eingeführte Mietpreisbremse war in ihrer damaligen Form weitestgehend wirkungslos. Im Januar 2019 sind weitere Regelungen in Kraft getreten, um die Mietpreisbremse weiter zu verschärfen.
Das Recht auf angemessenes Wohnen ist ein Menschenrecht der zweiten Generation und im Artikel 25 (1) der Charta der Menschenrechte und Artikel 11 (1) des UN-Sozialpakts fest verankert. Dieses Recht auf Wohnen garaniert laut UN allen Menschen unter anderem die Bezahlbarkeit der Unterkunft. Für die Einhaltung dieses Rechts ist der Staat zuständig.